Achtung, Wildwechsel!

Gerade im Herbst ist auf den Straßen erhöhte Vorsicht geboten

Rund 300.000 Wildunfälle passieren pro Jahr auf Deutschlands Straßen. Gerade bei Dämmerung ist Vorsicht geboten. (Foto: SciePro / stock.adobe.com)

In der Dämmerung am Morgen und am Abend müssen Autofahrer besonders wachsam sein, denn dann ist die Gefahr eines Wildunfalls besonders hoch. Wie Sie das Risiko reduzieren können und wie Sie sich richtig verhalten, wenn es doch zu einem Unfall kommt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Dichtes Verkehrsnetz sorgt für viele Wildunfälle

Deutschland hat ein sehr dichtes Verkehrsnetz. Natürliche Rückzugsgebiete für Wildtiere werden durch neue Straßen und Siedlungen immer mehr beschnitten. (Foto: Vincent / stock.adobe.com)

Zentraleuropa allgemein und besonders Industrienationen wie Deutschland verfügen über sehr dichte Verkehrsnetze. Hierzulande gibt es insgesamt rund 830.000 Kilometer Straße – dies entspricht der doppelten Distanz von der Erde zum Mond. Das dichte Straßennetz bringt mit sich, dass viele Wälder und natürliche Bereiche zerschnitten werden. Rückzugsgebiete für die Tiere im Wald werden also immer kleiner. Da die Tiere aber viel „Auslauf“ brauchen, kommen sie automatisch häufiger in die Nähe von Straßen – mit verheerenden Folgen. Wie viele Wildtiere pro Jahr auf Deutschlands Straßen sterben, lässt sich nicht genau beziffern. Laut der offiziellen Statistik des Deutschen Jagdverbands sterben jährlich 230.000 Wildtiere. In diese Zahlen fließen allerdings nur Zusammenstöße mit Schalenwild – also z. B. Wildschweine, Rehe sowie Rot- und Damhirsche – ein. Auch gibt es eine hohe Dunkelziffer, daher gehen Schätzungen von mehreren Millionen Tieren aus, die bei Wildunfällen ums Leben kommen. Wildunfälle machen jährlich rund fünf Prozent der Gesamtunfälle im Straßenverkehr aus.

Den Anhalteweg nicht unterschätzen

Ein paar km/h mehr auf dem Tacho sorgen schnell für eine böse Überraschung beim Bremsvorgang, sollte unerwartet ein Wildtier auf die Straße laufen. (Foto: DDRockstar / stock.adobe.com)

Wildtiere können die Geschwindigkeit der heranfahrenden Autos nicht einschätzen. Daher passiert es immer wieder, dass die Tiere quasi direkt vor ein fahrendes Auto laufen. Deshalb steht der Autofahrer als wichtigster Faktor bei der Wildunfallvermeidung besonders in der Verantwortung. Vor allem in der Morgen- bzw. Abenddämmerung ist, besonders an Waldstücken oder Feldern, mit regem Wildwechsel zu rechnen. Vorausschauendes Fahren ist geboten, auch um Auffahrunfälle durch abrupte Bremsmanöver zu vermeiden. Am Wichtigsten ist jedoch, dass die Geschwindigkeit der (Gefahren-)Situation angepasst wird.

Wie sehr sich ein paar km/h mehr auf dem Tacho auf die Länge des Anhaltewegs auswirken, soll folgendes Beispiel veranschaulichen. Dazu eine kurze Auffrischung des Fahrschulwissens: Der Anhalteweg ist die Summe von Reaktions- und Bremsweg. Der Reaktionsweg wird berechnet, indem man die gefahrene Geschwindigkeit durch 10 teilt und anschließend mit der Zahl 3 multipliziert. Der Bremsweg bei einer Gefahrenbremsung lässt sich wie folgt berechnen: gefahrene Geschwindigkeit geteilt durch 10, multipliziert mit der gefahrenen Geschwindigkeit geteilt durch 10 und das Ergebnis nochmals durch die Zahl 2 dividiert.

Bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h beträgt der Anhalteweg bei einer Gefahrenbremsung laut der Faustformel 56 Meter. Bewegt sich das Fahrzeug mit 100 km/h fort, benötigt man trotz Gefahrenbremsung bereits 80 Meter zum Anhalten, bei 120 km/h sind es 108 Meter. Bei diesen Zahlen ist es jedoch wichtig, zu berücksichtigen, dass es sich hier lediglich um Richtwerte handelt und der tatsächliche Weg zwischen Erkennen der Gefahr und Stillstand des Fahrzeugs u. a. von der Reaktionszeit des Fahrers, Straßenverhältnissen oder dem Zustand von Bremsen und Reifen abhängig ist.

Wild in Sicht: Bremsen und Spur halten

Wenn Wild in Sicht ist, heißt es Bremsen und Spur halten. Gut gemeinte Ausweichmanöver können für den Fahrer schnell ein böses Ende im Gegenverkehr oder an einem Baum nehmen. (Foto: Biewer_Jürgen / stock.adobe.com)

Sollte ein Tier an oder auf der Fahrbahn gesichtet werden, ist die Geschwindigkeit sofort deutlich zu reduzieren und ggf. bis zum Stillstand abzubremsen. Wichtig dabei ist, beim Bremsen das Lenkrad festzuhalten und die Spur zu halten. Gut gemeinte Ausweichmanöver den Tieren zuliebe können schnell im Gegenverkehr oder an einem Baum enden – mit hohem Risiko schwerer oder gar tödlicher Folgen für die Fahrzeuginsassen. Außerdem sollten Sie das Fernlicht abschalten, da die Tiere sonst geblendet werden und in einer Art Schockstarre im Lichtkegel stehen bleiben. Durch das Betätigen der Hupe können die Tiere oft verscheucht werden. Achtung: Wildtiere sind selten alleine unterwegs, daher gilt besondere Wachsamkeit gegenüber möglichen „Nachzüglern“.

Verhalten bei einem Wildunfall

Ruhe bewahren, Warnweste anziehen, die Unfallstelle absichern, Polizei informieren und warten: Das sind die wichtigsten Maßnahmen bei einem Wildunfall. (Foto: mpix-foto / stock.adobe.com)

Sollte es trotz aller Vorsicht zu einer Kollision mit einem Wildtier gekommen sein, bewahren Sie die Ruhe. Schalten Sie die Warnblinkanlage des Pkw ein, ziehen Sie eine Warnweste an und sichern Sie die Unfallstelle ab. Bei Personenschaden ist der Rettungsdienst (Notrufnummer 112) zu alarmieren und erste Hilfe zu leisten. In jedem Fall muss die Polizei informiert werden. Wichtig für die Schadensregulierung ist die Wildschadenbescheinigung, die von der Polizei oder dem zuständigen Jäger ausgestellt wird. Wenn es Ihnen möglich ist, sollten Sie das Tier mit Handschuhen von der Fahrbahn ziehen, um einen möglichen Folgeunfall zu vermeiden. Doch Achtung: Sollte das Tier noch leben, sollten Sie Abstand halten und auf Polizei bzw. Jäger warten.

Wir hoffen, dass Sie mit unseren Tipps sicher und unfallfrei durch die dunkle Jahreszeit kommen!

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